Victoria Ernst

11. Juni 2021

Führen auf Distanz – ein Interview mit Lars Heidemann

Die Umstellung auf die Arbeit im Home-Office brachte viele Neuerungen und Herausforderungen mit sich. Während sich die Mitarbeiter neu organisieren mussten, um Arbeit und Privatleben zuhause zu kombinieren, gab es für die Arbeitgeber ganz andere Sorgen und Schwierigkeiten. Viele fürchteten Kontrollverlust, sinkende Produktivität oder sogar finanziellen Schaden. Wie sind wir bei shetani damit umgegangen? Unser Geschäftsführer Lars war zu einem Interview bereit.

Vertraust du darauf, dass dein Team zuhause genauso produktiv und konzentriert ist wie im Büro?

Ja! Und das auch ganz uneingeschränkt. Ohne Vertrauen wäre die Situation im Home-Office gar nicht zu meistern. Und nur mit dem Vertrauen leisten die Mitarbeiter auch so viel. Würde das Team sich kontrolliert fühlen, würde das die Motivation mit Sicherheit eher senken. Ganz abgesehen davon, bin ich ja auch nicht derjenige der die Aufträge vergibt. Das Team und das Projektmanagement haben den vollen Überblick über die Projekte und die klopfen sich schon gegenseitig auf die Finger, wenn da mal was zu spät kommt. Von daher geht es gar nicht um das Vertrauen in Einzelne, sondern das Vertrauen ins Team.

Heißt das, dass die Arbeit nicht mit Tools nachvollzogen wird?

Wir haben eine Zeiterfassung. Aber sie hat bei uns nicht die Funktion einer Stechuhr, sondern dient dazu eine genaue Abrechnung der Stunden zu erstellen, die wir an Kundenprojekten arbeiten. Tatsächlich konnten wir über dieses Tool eine höhere Produktivität der Mitarbeiter im Home-Office feststellen.
Natürlich spielt auch die Größe des Unternehmens eine Rolle. In großen Unternehmen können sich unmotivierte Mitarbeiter sehr viel leichter „verstecken“ als in einem Team, wo jeder die Arbeitsschritte von jedem kennt.

Fällt dir die Kommunikation online schwerer oder leichter?

Teils, teils. Mir ist persönlicher Kontakt sehr wichtig und der fehlt mir sehr. Insgesamt haben die Absprachen jedoch deutlich zugenommen und Informationen werden sehr effektiv ausgetauscht. Die Arbeit jedes Einzelnen ist viel transparenter als vorher. Es gibt tägliche Absprachen, teilweise dauern die nur 5-10 Minuten, wo jeder sagen kann, woran er gerade arbeitet. So sieht man sich auch im Home-Office wenigstens einmal täglich.
Natürlich fehlt der Small Talk trotzdem, aber da mittlerweile wenigstens ein paar Leute im Büro sind, fehlt er eben nicht ganz.

Bei shetani versteht sich das Team auch untereinander gut. Hat das Zwischenmenschliche unter dem Home-Office gelitten?

Ich fand immer, wenn man ausschließlich remote arbeitet, ist die Bindung an den Arbeitgeber nicht so eng, wie sie vor Ort wäre. Als Unternehmer ist das ein großer Faktor. Ich möchte mit meinen Fachkräften ja auch langfristig planen können.
Diesen Teamgeist, der uns so ausmacht, kann man nur sehr schwer mit Videokonferenzen aufrechterhalten. Wir haben es dennoch ganz gut hinbekommen, und merken jetzt, wo es langsam wieder möglich ist beisammen zu sein, dass uns das echt gefehlt hat.
Obwohl Abstimmungen und Brainstorming auch online (mit den entsprechenden Tools) gut funktioniert haben, machen sie in Person einfach viel mehr Spaß. Diskussionen funktionieren live und in Farbe einfach besser.

Warst du oft ganz allein im Büro und hat dich diese Situation demotiviert?

Ganz allein war ich fast nie. Aber lange waren wir nur zu zweit hier und dann auch noch in unterschiedlichen Büros, sodass man sich schon sehr allein gefühlt hat. Da ich ein wahnsinnig sozialer Mensch bin, hat mir der direkte Kontakt gefehlt. Dafür motiviert es mich momentan umso mehr, dass ein Teil des Teams wieder mit mir im Büro ist.

Hast du auch eine Zeit lang von zuhause gearbeitet? Warum? Warum nicht?

Nein, ich habe nicht von zuhause gearbeitet. Durch meine Kinder und das Home-Schooling hätte ich einfach nicht die nötige Ruhe gehabt. Ich habe sehr großen Respekt vor allen Familien, die das in der Corona-Zeit gemeistert haben. Ich persönlich brauche aber diesen „Cut“ zwischen Arbeit und Privat.

Was hat sich verändert? Was musste sich verändern?

Es hat sich nicht viel verändert. Unsere Arbeitsweise war vorher schon sehr digital, und da hat Corona nichts dran geändert. Für manche Bereiche haben wir vielleicht neue Tools entdeckt, aber im Großen und Ganzen mussten wir nicht viel anpassen.

Musstest du auf Grund von Corona Personal abbauen? Oder konntest du vielleicht sogar Stellen schaffen?

Die erste Jahreshälfte war etwas schwierig, hauptsächlich weil die Verunsicherung einfach überall riesig war. Durch die gute Arbeit in den Vorjahren konnten wir das aber unbeschadet überstehen, sodass wir zum Ende Jahres sogar das Team vergrößern konnten.

Welche Tools stellten sich als besonders wichtig heraus?

Viele, vor allem unser Projektplanungs-Tool monday. Damit kann jeder im Team sehen, welches Projekt in welcher Phase ist. Genauso wichtig zum kollaborativen Arbeiten ist für uns Microsoft Teams bzw. Microsoft 365. Damit können Dateien zentral abgelegt werden und auch der Austausch kann projektspezifisch stattfinden.
Da wir viele Workshops leiten, haben wir Miro als hilfreiches Tool für uns entdeckt. Miro kann wirklich komplett den Präsenz-Workshop ersetzen. Es ist sehr flexibel, man kann verschiedene Methoden wie Event Storming oder Value Proposition Design damit umsetzen.
Auch die gesamte Adobe Creative Cloud hat uns gut geholfen. Viele Dienste von Adobe haben wir natürlich vorher schon genutzt, aber die Online Signatur ist zum Beispiel etwas, was wir erst kürzlich in unser Repertoire aufgenommen haben und was uns enorm viel Zeit spart.

Als Chef solltest du natürlich auch ein offenes Ohr für deine Mitarbeiter haben. Wie war denn dein Eindruck: wie kamen deine Mitarbeiter mit dem Home-Office klar?

Teils, teils. Jetzt wo die Situation etwas lockerer ist, gab es einige, die sofort zurück ins Büro kommen wollten. Andere fühlen sich im Home-Office allerdings so wohl, dass sie auch weiterhin 5 Tage zuhause bleiben wollen. Das kann auch in Zukunft jeder individuell entscheiden. Wer zuhause bleiben will macht das und wer zurück ins Büro kommen will kann das natürlich auch tun.
Ich bin mir bewusst, dass das Home-Office für einige sehr belastend war. Vor allem die Mitarbeiter mit Kindern waren sehr gefordert. Da war aber auch im Team ganz klar, dass die Arbeit dann manchmal zurückstehen muss. Jeder hat das geleistet, was er oder sie in der Situation konnte. Wir haben uns alle gegenseitig geholfen und vertraut.