Lars Heidemann

5. September 2009

Von Apple lernen

In einem Artikel der FTD [Website leider nicht mehr verfügbar] heißt es, dass die Telekom versuche durch exzellentes Design mit einer neuen Design-Mannschaft im harten Wettbewerb die Preise hoch halten zu können.

Apple soll hierbei als Vorbild dienen. Cupertino hat sich wider Erwarten ein respektables Stück des Mobiltelefon-Kuchens gesichert - mit fantastischen Margen für sich selbst.

Bei der Telekom ist aber fraglich, ob erstens die Kausalität Design rechtfertigt hohe Preise funktioniert und sich zweitens der Anspruch, der in dem FTD-Artikel durchscheint, überhaupt umsetzen lässt.

Im Artikel wird ein "früherer Marketingmanager" zitiert, der dem Magenta-Riesen eingefahrene Strukturen und schwerfälliges Management bescheinigt. Strukturen, die es unmöglich machen, dass man mit modernen und wendigen Anbietern in den Ring steigt.

Die Strukturen könnten aber das geringere Problem sein, denn die Telekom wäre gerne Plattform-Hersteller (wie Apple) und Dienstbetreiber in einem. Klingt dies auf den ersten Blick verlockend, warnt uns die Erfahrung vor den damit einhergehenden Missbrauchsmöglichkeiten.

Dienstbetreiber, wie die Telekom, verdienen durch das Nicht-Benutzen von Flatrates oder das Nutzen von Mehrwertdiensten.

Man erinnere sich an VoIP und Tethering. Jeder Mehr-Wertdienst kostet auch Mehr-Geld. Während man bei Apples Produkten (MobileMe) gerne zahlt, bekommt das Zahlen an die Telekom für das Bereitstellen von Mehrwertdiensten schnell den Beigeschmack von abzocken.

Die deutsche Telekom möchte gerne cool sein, hat aber noch nicht verstanden, dass es dazu mehr braucht als hübsche Produkte. Die meisten iPhone-Kunden sind bestimmt nicht bei T-Mobile, weil die Bonner die einfachsten und übersichtlichsten Tarifstrukturen anbieten. Oder weil der Kundenservice so problemlos ist.

Design bedeutet ganzheitlich zu denken oder im Fall der Telekom: Nicht nur neu anstreichen, sondern das gesamte Paket aufeinander abstimmen: Eine einfache, reduzierte Tarifpalette die man auf den ersten Blick versteht, lückenloser Service, nachvollziehbare Preise und Produkte die dem Kunden einen Nutzgewinn bringen.

Produktdesignerin Caroline Seifert bringt den Denkansatz der Telekom auf den Punkt: Wenn der Kunde das Produkt am Ende nicht kauft, bringt das alles nix.

Wir sind aber auch dämliche Kunden, dass wir nicht alles kaufen, was man uns vorsetzt. Der Gedanke, dass ein Produkt automatisch erfolgreich ist, solange es wirklich gut gemacht ist (ein Marketingbudget in der Größenordnung von T-Mobile vorausgesetzt) scheint bei den Produktdesignern der Telekom noch nicht angekommen zu sein. An gutes Design muss man auch glauben, und es nicht nur vorgaukeln, um höhere Margen einfahren zu können.

Die Botschaft, die man in Bonn glaubt verstanden zu haben lautet jedoch: Design ist Mittel zu dem Zweck mehr Geld zu verdienen.

Ein wenig Nachholbedarf besteht also schon noch, bis man soweit ist.

Jonathan Ive macht es in diesem Ausschnitt aus dem Dokumentar-Film Objectified vor. Immerhin ist er der höchstdekorierte und wahrscheinlich erfolgreichste Industrial-Designer unserer Zeit.

Geld und Profit spielen in diesem Interview übrigens keine Rolle. Wahrscheinlich wurden diese Passagen rausgeschnitten, um das Erfolgsgeheimnis nicht preiszugeben. Schließlich ist die Konkurrenz so gierig auf Apples magische Formel, wie die Römer auf das Rezept des Zaubertranks. Bleibt es aber bei dieser gierigen Einstellung, so ereilt das magentafarbene Imperium das gleiche Schicksal des römischen: Der Zaubertrank bleibt in den Händen der unbeugsamen Gallier, die dem Riesen bis auf alle Ewigkeit auf der Nase herumtanzen und dabei die Sympathie des Lesers gewinnen.