Lars Heidemann

21. Oktober 2010

Die Floppy ist tot — die CD starb Gestern

Apple ist dem Benutzer immer zwei Schritte voraus und wird daher durch den Anwender ausgebremst. Apple weiß auch schon, wie wir zukünftig arbeiten werden, weil Apple es ist, der es uns vorschreibt, wie wir zu arbeiten haben.

Gestern fand in Cupertino, Kalifornien die Keynote "Back To The Mac" statt. Steve Jobs selbst hat durch den Abend geführt und wurde dabei von leitenden Mitarbeitern des Apple-Konzerns unterstützt.

Die Keynote selbst war die langweiligste Präsentation von Hard- und Software, die ich je gesehen habe. Die vorgestellten Produkte und die zugrundeliegenden Ideen waren aber die interessantesten, seit der Einführung von Mac OS X.

Apple ist konsequent. Konsequent im Denken, konsequent im Handeln und verlangt, dass die Anwender dies konsequent akzeptieren.

Die Vorgeschichte

Als Apple am 24. März 2001 Mac OS X vorgestellt hat, demonstrierte Apple, wie rigoros Entscheidungen im Unternehmen getroffen werden, in dem angekündigt wurde, dass man keine Kompatibilität zu vorherigen Betriebssystemen biete. Um es sich nicht mit allen professionellen Anwendern zu verscherzen, gab es eine lange Testphase und eine noch längere übergangsphase (Transition), die den Anwender an das neue System heranführen sollte und die Möglichkeit bot Mac OS 9 Applikationen unter Mac OS X laufen zu lassen.

Dieser Schritt war konsequent auf die Performance und Stabilität des Systems ausgerichtet. Der UNIX Unterbau des neuen Betriebssystems versprach beides. Die Applikationen mussten von Grund auf neu geschrieben werden, wenngleich nicht alle Hersteller dies zeitnah berücksichtigten.

Auf der Worldwide Developers Conference 2002 beerdigte Apple hierzu offiziell Mac OS 9.

Weitere Neuerungen, wie der Wechsel zu Intel als Prozessorlieferant folgten auf dem Fuße. Eine Unterstützung der alten PowerPC basierten Systeme wurde konsequent eingestellt. Er wurde beerdigt.

Gestern beerdigte Apple die CD

So unspektakulär die gestrige Keynote bezogen auf die Referenten war, so aufregend war es dabei zuzusehen, wie Apple uns Usern vorschreibt, wie wir arbeiten werden und welche Einschnitte dafür notwendig sein werden.

Apple setzt konsequent auf Flash und unterdrückt Flash auf seinen Systemen. Widerspruch? Mitnichten. Konventionelle Festplatten wurden mit dem ersten MacBook Air schon durch SSD (Solid State Drive) ersetzt. Das aktuelle MacBook Air besitzt auch keine SSD mehr, sondern verwendet Flash-Speicherriegel. Außerdem hat Apple auf dem aktuellen MacBook Air zum ersten Mal kein Adobe Flash mehr vorinstalliert.

Flash nicht zu installieren ist legitim. Es gibt HTML5 und andere Optionen die Möglichkeiten von Flash zu ersetzen, auch wenn diese teilweise noch nicht ausgereift sind.

Aber der Kampf um immer mehr Speicherplatz ist für Apple gestorben. Hat man heute Festplatten im Terrabyte-Bereich in seinem Rechner, liegt die Zukunft der Datenhaltung in dezentralen Speicherlösungen. Gesagt hat man das schon vor Jahren auf der CeBIT. Konsequent umgesetzt hat es kaum jemand.

Auf einer Festplatte müssen zukünftig nur das Kernsystem und (vorläufig) die Applikationen installiert sein. Sinnvollerweise auch sehr speicherhungrige Dateien. Alles andere kann jetzt schon irgendwo abgelegt werden. Video- und Audio-Streaming, Office-Dokumente etc. Bild und Videobearbeitung werden allerdings nicht so schnell ausgelagert werden können, zumindest nicht außerhalb eines hochperformanten Netzwerks, dem Flaschenhals.

Im Ergebnis heißt dies, dass Apple zu Gunsten der Performance (Zugriff auf Flash-Speicher ist schneller) auf die Größe des zur Verfügung stehenden Speicherplatzes verzichtet.

Apple verbaute schon im ersten MacBook Air kein internes optisches Laufwerk mehr, bot dies aber gegen Aufpreis an. Das Betriebssystem kam nämlich auch damals noch auf einer DVD. Nur durch die Nutzung des optischen Laufwerks eines weiteren Rechners (Windows PC oder Mac), konnte das System ohne ein extern angeschlossenes Laufwerk installiert werden.

Heute liefert Apple einen stylischen USB Stick mit, auf dem die Installationsdaten gespeichert sind.

USB-Sticks haben (je nach Größe) mehr Kapazität, als eine CD, DVD oder sogar Blue-Ray. Sie können mehrfach beschrieben werden und sind handlich.

Warum also weiter auf die CD als Format setzen? Apple hatte vor ein paar Jahren schon das Floppy-Laufwerk beerdigt. Konsequent.

Zukünftig werden aber auch Programme nicht mehr auf CDs oder DVDs ausgeliefert — auch nicht auf USB-Sticks, denn dafür hat Apple einen Mac App Store gebaut. Er funktioniert wir der App Store für iPhone und iPad. Einmal kaufen, laden, installieren.

Die Softwareindustrie wird sich freuen, denn so gehören Raubkopien der Vergangenheit an. Apple wird sich für diesen Dienst aber 30 Prozent des Umsatzes einverleiben. Trotzdem ein gutes Geschäft — für alle Beteiligten.

Apple wird derzeit lediglich durch unser Nutzungsverhalten gebremst. Apple scheitert höchstens an der Akzeptanz. Da aber mit dem iOS, dem Betriebssystem von iPhone und iPad viele Benutzer in Berührung gekommen sind, wird diese Hürde nicht zu groß sein.

Aber Apple versteht es wie kein anderes Unternehmen dem Nutzer seine Ideen Hard- und Software zu nutzen aufzudrängen. Man fühlt sich sogar wohl dabei. Nur beim Newton (vorgestellt 1993!) ist Apple damit gescheitert. Man war der Zeit einfach um Jahre voraus. Das iPhone, bzw. das iPad hingegen ist nichts anderes, als ein aktualisierter Newton.

Um all dies aber auch kompromisslos nutzen zu können, muss die Infrastruktur passen. Datenverbindungen müssen schneller werden, egal ob drahtlos oder drahtgebunden. Das überall-Internet ist Voraussetzung, ebenso wie eine sichere Verschlüsslung der privaten, extern gelagerten Daten.

Unterm Strich heißt das:

  • die Festplatte ist tot, Flash-Speicher ist die Zukunft
  • optische Medien sind tot, Flash-Speicher ist die Zukunft
  • Datenhaltung wird dezentral organisiert, dem geringen Speicherplatz der Flash-Speicher geschuldet
  • der Anwender und einfache Bedienung stehen im Vordergrund, dem Benutzer geschuldet